Weiter geht es in der Blog-Serie 10 Fragen des Raummanagements. Der Titel des heutigen Posts lautet:
10 Fragen des Raummanagements – Frage 4:
Wie hoch ist der Anteil der No-Shows?
Untertitel: Ein gebuchter Raum ist noch lange kein belegter Raum!
Was ist ein No-Show
Auch wenn Sie den Begriff No-Show noch nie gehört haben, so bin ich mir doch sicher, dass Sie auf die eine oder andere Art schon davon betroffen war oder vielleicht sogar darunter zu leiden hat.
Wie der Untertitel schon vermutet lässt, geht es heute um die höchst verzichtbare Tatsache, dass Räume zwar reserviert werden, zum Zeitpunkt der Buchung aber dann nicht benutzt werden; sich also im wahrsten Sinne des Wortes niemand zeigt, no show eben.
Wie man No-Shows überhaupt erkennen kann, habe ich an anderer Stelle in dieser Serie 10 Fragen des Raummanagements schon ausführlich behandelt. Im einfachsten Fall reicht ein Präsenzmelder im Raum; ja das Teil an der Decke am WC, das seit Jahrzehnten verlässlich das Licht ein- und auch wieder ausschaltet.
Sind No-Shows überhaupt ein Problem?
Nun könnte man meinen, „wo gehobelt wird fallen Späne“, No-Shows also kein echtes Problem sind, und vor allem eher keines, dem man sich sofort und intensiv annehmen muss. Ich kann Ihnen jedoch versichern: No-Shows sind ein massiv unterschätzter Kostenfaktor und mit ein klein wenig Investment lassen sich signifikante Optimierungen durchführen.
Laut der schon im letzten Teil 10 Fragen des Raummanagements 10 Fragen des Raummanagements -Teil 4 erwähnten Arbeitsplatzstudie von Condeco bewegte sich die No-Show Rate bei Meetingräumen nie unter 20% und kletterte auf unglaubliche Werte von über 40%! Wie überall gibt es natürlich auch hier Musterschüler mit weniger als 20%, speziell bei kleineren Unternehmen. Es gilt: Je größer das Unternehmen und je mehr Räume umso höher der Anteil der No-Shows. Bei den Großen liegen aber die größten Einsparungspotentiale; nicht nur in absoluten Zahlen, sondern weil größere Unternehmen üblicherweise permanent umbauen und Erkenntnisse somit schneller umgesetzt werden können.
Bei 20-40% No-Show-Raten ist aktuter Handlungsbedarf.
Man könnte auch sagen, hier liegt das Geld auf dem Besprechungstisch. Es gibt nur wenige so einfach zu hebende Optimierungspotentiale in Unternehmen.
Auswirkungen von No-Shows
Abgesehen vom leicht irritierendem Anblick eines leeren Raumes auf dessen Türschild „Strategie-Meeting, Besetzt von 1000 bis 1300 Uhr“ steht, erlaube ich mir, die konkreten Auswirkungen von No-Shows aufzuzählen:
- Wenn über das Jahr durchgerechnet 20% oder mehr No-Shows passieren, dann übersteigt die real zu Verfügung stehende RAUM-Kapazität die theoretische Buchungs-Kapazität um 20%. Weniger kompliziert ausgedrückt, die Organisation könnte auch 20% der Räume mit all den Nebenkosten einsparen, weil diese leer stehen obwohl vor der Tür „reserviert“ steht! Denken wir doch einmal an ein Restaurant, wo von den 20 Tischen immer 4 Tische leer stehen, weil nette Zeitgenossen zwar einen Tisch reserviert haben aber dann doch nicht zum Essen gekommen sind. Und ja, manchmal sind statt den 4 ganze 7 Tische unbesetzt aber reserviert! Welcher Gastronom will, ja kann sich das leisten?
- Folgerichtig sind natürlich alle auf den Buchungszahlen basierenden Kostenrechnungen um 20% oder mehr falsch, denn die Buchungen sind ja um die No-Shows, also 20-40% höher. Die Kosten müssen auf weniger Meetings aufgeteilt werden. Die Kosten je Meeting sind dadurch signifikant höher!
- Am schwierigsten zu messen aber mit Sicherheit das massivste Problem ergibt sich dann, wenn Meetingräume ohnehin nicht im Überfluss vorhanden, sondern ein rares Gut sind. Dann finden die Nutzer keine freien Kapazitäten; Termine müssen verschoben werden, wertvolle Zeit geht verloren und die Terminkoordination wird immer aufwändiger. All das passiert obwohl eigentlich genügend Kapazitäten frei sind. Auch hier der Vergleich mit dem Restaurant: Der Wirt muss Anfragen ablehnen („sorry wir sind ausreserviert“) sieht aber abends leere Tische und entgangenen Umsatz. Traurig, oder?
- Mangelndes Vertrauen in das Raumbuchungs-System
Je „normaler“ No-Shows in einer Organisation werden, umso öfter passiert folgendes:
Mitarbeiter orientieren sich für kurzfristige Meetings überhaupt nicht mehr am Buchungssystem, sondern streunen auf der Suche nach einem leeren Raum durchs Gebäude. Ich schreibe bewusst LEERER Raum und nicht UNGEBUCHTER Raum! Dass dies weder produktiv noch sinnvoll ist, braucht nicht extra erwähnt werden. Auch die Auswirkungen auf die Glaubwürdigkeit anderer Intranet-Systeme sinken. - Je mehr die Buchungsdaten Grundlage von Entscheidungen sind, umso falscher werden die darauf basierenden Entscheidungen. Im schlimmsten Fall werden neue Räume gebaut, obwohl die tatsächliche Auslastung dies überhaupt nicht rechtfertigen würde.
Sie sehen, die Auswirkungen von No-Shows auf die Organisation und auch auf die Finanzen eines Unternehmens sind real und sollten nicht unterschätzt werden.
Gründe für No-Shows
Untersucht man das Thema, WARUM es überhaupt zu No-Shows kommt, dann findet man praktisch immer die gleichen Gründe:
- Persönliche Nachlässigkeit der Organisatoren
Speziell wenn die Raumbuchung eben nicht vollautomatisch mit der persönlichen Meetingplanung (z.B. direkt in MS Outlook) geschieht, sondern in einem separaten Prozess, vielleicht sogar noch „manuell“ per Anruf oder Email an eine zuständige Person, passiert es nur allzu leicht, dass bei einer Änderung oder Absage eines Meetings zwar alle Teilnehmer aber nicht der Raumkalender oder die dafür Zuständigen darüber informiert werden.
Auch beliebt: Bei Meetings mit langer Vorlaufzeit ändern sich die Teilnehmerzahlen, sodass der Organisator auf einen anderen (meist größeren) Raum ausweicht. Der neue Raum ist erfolgreich reserviert aber wurde der ursprüngliche auch wieder freigegeben? Nicht selten entstehen so ressourcenfressende Doppel-Buchungen. - Besetzung des Territoriums
Speziell in großen Konzernen mit ausgeprägter Rivalität zwischen den Abteilungen geschieht es leider immer wieder, dass Abteilungen „ihre“ Räume (oder was immer sie als „ihr“ Territorium betrachten!) gnadenlos durchbuchen. Es ist de facto unmöglich für „Außenstehende“, diesen Raum zu reservieren. Solange diese Blockade weder disziplinäre noch finanzielle Folgen (siehe unten) nach sich zieht, nimmt das mancherorts immer groteskere Formen an. Hier ist No-Show nicht die Ausnahme, sondern die Regel, weil die Reservierung ja nicht (primär) für eine eigene Nutzung gedacht ist, sondern nur um den Raum zu blockieren, bzw. „zu blocken“, wie das oft verniedlichend genannt wird. In einem mir bekannten Fall wurde sogar extra ein Mitarbeiter-Account angelegt. Ein gewisser Max Mustermann (Name vom Autor geändert) hat großzügig Räume geblockt, aber nur wenige Eingeweihten wussten, dass die Buchungen des Hr. Mustermann pure Blockade waren und von der Team-Assistentin gerne auf Zuruf gegen eine echte Reservierung für das eigene Team ausgetauscht wurde!
Sie merken schon anhand der Begriffe Blockade, Außenstehende, Territorium, Rivalität u.ä., dass diese Organisationen weitaus größere Probleme hat als nur zu wenige Meetingräume! - Kein No-Show Follow-Up
Sehr oft passieren No-Shows völlig regelmäßig, z.B. jeden Mittwoch von 1400 bis 1600 Uhr. Wenn man No-Shows ein wenig systematisch nachgehen würde, käme man ganz schnell drauf, dass diese regelmäßige Buchung einer Arbeitsgruppe gehört, die es schon einige Wochen lang nicht mehr gibt! Oder deren Organisator auf einen anderen Meeting-Rhythmus umgestellt hat oder gar nicht mehr für das Unternehmen tätig ist!
Ganz pragmatisch: Besser man kommt nach drei Mittwoch-No-Shows drauf und löscht die wiederkehrende Buchung als diese verbleibt monatelang im System. Bevor Sie lauthals loslachen: JA, das sind echte Beispiele aus der Praxis! Warum auch nicht. Wenn sich selbst menschliche Wesen jahrelang im Konzern erfolgreich verstecken können, warum soll das nicht einem kleinen Mittwoch-Meeting im Meetingraum 08/15 gelingen? - Prozess-Fehler
In der Tat gibt es Raumbuchungssysteme, die so eingestellt sind, dass jeder zwar Reservierungen eintragen kann, aber diese bei einer Absage im Umkehrschluss nicht aus dem Raumkalender gelöscht werden! Welcher Sinn auch immer dahinterstehen mag, es lohnt sich nachzuforschen, ob bei abgesagten Meetings auch wirklich der Raum vom System wieder freigegeben wird.
Auch wenn das jetzt hart klingt: No-Shows sind zum überwiegenden Teil ein menschliches Problem. Die Fälle, wo No-Shows quasi systembedingt sind, sind in der absoluten Minderheit. Dies macht das Thema auch zu einem recht diffizilen, das man besser immer gemeinsam mit der HR-Abteilung angeht.
Was lindert den Schmerz?
Auch andere Unternehmensbereiche leiden oft an vergleichbaren Herausforderungen. Was machen die dagegen und können wir uns etwas abschauen? Weil abschauen oder nachmachen so negativ klingt können wir auch gerne den Begriff „Benchmarking“ verwenden. Das klingt viel cooler, meint aber das Gleiche.
- Keine Reservierungen annehmen
Dies ist durchaus ein probates Mittel, wenn man es auf wenige Räume reduziert!
Diese können dann nicht vorab gebucht werden und stehen daher exklusiv nur für kurzfristige Buchungen zur Verfügung (vergleiche AdHoc-Buchung im Teil 1 dieser Serie 10 Fragen des Raummanagement ). Dies hilft natürlich nicht für geplante Termine und ändert auch nichts an der No-Show Disziplin, sichert aber die Verfügbarkeit für den kurzfristigen Bedarf. - No-Shows an den Pranger!
Was ein wenig reißerisch klingt, hat durchaus einen ernsthaft gemeinten Hintergrund. Ob der sprichwörtliche Pranger nun wirklich das öffentliche Outing der Top5 No-Show-Meeting-Organisatoren im Intranet ist oder ein automatisches Email an den Vorgesetzten nach jedem No-Show oder sonst eine Sichtbarmachung; alle diese Methoden sorgen anfangs für große Aufregung aber für nahezu unmittelbare Verhaltens-Änderung. Und das will man schließlich erreichen, oder? - Strenge Kostenstellenrechnung
Sobald No-Shows dem Verursacher bzw. dessen Abteilung spürbar Geld/Budget kosten, wird sich das Verhalten rasch ändern. Hier muss man gar nicht zu drakonischen Strafen greifen; es genügt, die wahren Kosten eines gut ausgestatteten Meetingraumes als Grundlage zu nehmen. Leider verabsäumen es viel zu viele Organisationen, diese wahren Kosten einmal zu kalkulieren. Diese liegen ausstattungsbedingt fast immer bei einem Vielfachen von normalen Arbeitsplätzen. Mehrere internationale Studien kommen zu dem Schluss, dass selbst eine Mini-Raum mindestens 25000 EUR pro Jahr an Kosten verursacht. - Überbuchung
Fluglinien machen dies seit vielen Jahren und dort ist es eine hohe Kunst bzw. Wissenschaft, den optimalen Kompromiss zu finden. (Für Wagemutige empfehle ich folgende wissenschaftliche Arbeit aus dem Jahr 2003: http://citeseerx.ist.psu.edu/viewdoc/download?doi=10.1.1.15.2513&rep=rep1&type=pdf )
Um es ganz konkret anzumerken: Überbuchung im Zusammenfang mit Raum-Buchung ist (nicht nur meiner Meinung nach!) KEIN probates Mittel und wird folgerichtig daher auch in keinem mir bekannten Raum/Ressourcen-Managementsystem als Feature angeboten. Trotzdem ist es interessant zu sehen, dass Airlines (und leider auch manches Restaurant!) dieses Konzept aufgreifen, weil die Kosten (unzufriedener Kunde, Umbuchung, etc.!) scheinbar geringer sind als der Nutzen (höhere Auslastung!). DAS sollte uns durchaus zu denken geben, finden Sie nicht?!
Welche Form man auch immer wählt; der Zweck ist immer der gleiche: Allen Mitarbeitern muss vollkommen klar sein, dass No-Shows (aus welchem Grund auch immer!) der Organisation Geld UND Produktivität kosten. Speziell wenn die Ware „freier Meetingraum“ knapp ist, weil eigentlich zu viele Meetings in zu wenig Räumen stattfinden sollen, dann steigt der Wert der Ware und Verschwendung bzw. Vergeudung schmerzt doppelt.
Auch beim Thema No-Show gilt das ZDF-Prinzip also Zahlen, Daten, Fakten.
Die oben im Artikel angegebene Untergrenze von 20% und die real gemessene Werte von 40% (!) sollten jedem Manager und Facility Verantwortlichen zu denken geben. Hier liegt ein enormes Potential an Optimierungs- und somit Einsparungspotential. Ob dieses gehoben werden soll, ist eine komplett andere Frage und zeigt meiner Einschätzung nach eher die Führungsqualität einer Organisation bzw. deren ausdrückliches Ziel, den Mitarbeitern ein optimales Arbeitsumfeld bieten zu wollen ohne gleichzeitig auf Kostenwahrheit und Transparenz zu verzichten.
Exakt das gleiche gilt natürlich auch sinngemäß bei anderen gemeinschaftlich genutzten Ressourcen wie Automobil Pools oder ähnliches. Aussagen wie „die Räume/Autos/etc. sind eh da“ sollten da als Alarmzeichen dienen, denn hier wird recht lässig mit dem Eigentum anderer umgegangen.
Man könnte sogar so weit gehen, dass No-Shows ein Zeichen von mangelndem Stil sind. Exakt genauso, wie es nicht von einer guten Kinderstube zeigt, eine Tischreservierung nicht wahrzunehmen.
Zusammenfassung und Zahlenwahrheit
No-Shows sind ein real existierender Kostenfaktor und werden, so zeigen es alle diesbezüglichen Befragungen, von jeder Organisation unterschätzt. Die in global durchgeführten Studien gemessenen Raten sind bei mindestens 20% und erreichen oft Werte um bzw. jenseits der 40%!
Bei jährlichen Kosten von ca. 25000 EUR aufwärts je Meetingraum sind hier also Einsparungen im Bereich von 10000 EUR je Raum je Jahr durchaus realistisch.
Die Summe steigt nochmals an, wenn man Produktivitätsverluste berücksichtigt, die sich durch erhöhten Aufwand bei der Terminfindung und den daraus zwangsläufig folgenden längeren Vorlaufzeiten ergeben. Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit leider mit Sicherheit ebenso darunter, wenn die Vorlaufzeit von Meetings nur deshalb steigt, weil geeignete Räume scheinbar nicht zur Verfügung stehen.
Neben der primären Kostenoptimierung sorgt die Minimierung von No-Shows auch für signifikant bessere Ausnutzung bestehender Ressourcen. Notwendig geglaubte Investitionen können verzögern werden oder entfallen gänzlich. Anders gesagt, wer die existierenden Räume besser ausnutzen kann, muss keine neuen dazubauen!
Moderne Buchungssysteme in Kombination mit der nötigen Sensorik zum Erkennen von No-Shows sind ein wesentlicher Bestandteil des aktiven Gebäudemanagements. Darauf zu verzichten bedeutet, nicht nur auf echte Kostenvorteile zu verzichten, sondern auch die Mitarbeitermotivation sowie deren Effektivität unnötig zu belasten.
Eine der Herausforderungen ist es unbestritten, dass No-Shows ein Zeichen fehlender oder falscher Prozesse sind; in vielen Fällen aber auch ein Zeichen mangelnden Teamgeists. Hier gilt es, gemeinsam mit der HR-Abteilung den richtigen Ton zu treffen. Der Wunsch des Unternehmens ist es unbestrittener Weise, für die zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel eine optimale Auslastung anzustreben.
Fazit
Zum Schluss noch eine letzte traurige Nachricht: Der allgemeine Trend, dass immer mehr Mitarbeiter immer mehr Meetings abhalten, verstärkt den Trend signifikant! Wer also glaubt, diese Aufgabenstellung aussitzen zu können, wird schon bald eines Besseren belehrt werden.
Wie immer freue ich mich auf Ihr Feedback per Kommentar oder in den sozialen Netzen, auf denen dieser Artikel hoffentlich intensiv diskutiert wird. Gleichfalls stehe ich natürlich zur Verfügung, wenn Sie dieses Thema in Ihrem Unternehmen aktiv angehen wollen.
Weiter geht es in der Serie 10 Fragen des Raummanagements schon bald mit dem Teil 6, der sich mit folgender Frage beschäftigt:
- Wird der richtige Raum gebucht?
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