10 Fragen des Raummanagements – Teil 6 – Vom richtigen Raum

10 Fragen des Raummanagements

Nach leider längerer Inaktivität kommen wir heute zum Teil 6 in der Blog-Serie 10 Fragen des Raummanagements.
Frage 5 unserer ursprünglichen Frageliste lautet:10 Fragen des Raummanagements – Frage 5: Wird der richtige Raum gebucht?

Untertitel: Fahren Sie auch zu dritt mit dem Autobus?

Welcher ist der richtige Raum?

Zur Beantwortung dieser scheinbar so trivialen Frage hilft es, sich die Stakeholder und deren jeweiligen Interessen vor Augen zu führen:

  1. Der Nutzer
    Dies ist eine Person oder eine Gruppe, welche den Meetingraum nutzen will. Natürlich will sich sie/er möglichst alle Optionen offenlassen. Dies bedeutet beispielsweise, dass ein Raum gesucht (und reserviert!) wird, der nicht nur Platz für die eigentlich vorgesehenen 5 Personen bietet, sondern noch ein paar Extraplätze hat; am besten gleich einen der großen Seminarräume, wenn der zum Wunschtermin noch frei ist. Auch wenn eigentlich keine Videokonferenz vorgesehen ist, reserviert man „sicherheitshalber“ jedoch einen Raum mit diesbezüglicher Ausstattung, etc…
  2. Der Anbieter
    Hier beginnt es interessant zu werden, denn wer ist denn eigentlich das Gegenstück zum Nutzer? Der Geschädigte, der Leidende, wenn die Nutzer unnötig Ressourcen verschwenden? Die Herrschaften vom Facility Management eher nicht, denn denen ist es eigentlich ziemlich egal, wer so Meetings macht, solange alles läuft. Rein moralisch gesehen sind es die Kollegen, die vielleicht zu deren Wunschtermin keinen freien UND passenden Raum mehr finden, weil die anderen sicherheitshalber alle unnötig große Räume reserviert haben? In Wahrheit ist es die Organisation selbst, welche geschädigt wird und zwar doppelt: Nicht nur findet Ressourcenvergeudung statt (oder wie würden Sie es sonst nennen, wenn wir zu dritt einen ganzen Autobus reservieren würden?!) sondern auch und vor allem sinkt die Schlagkräftigkeit und die Reaktionsgeschwindigkeit einer Organisation bei Ressourcenmangel.
  3. Die Räume bzw. die für deren Ausstattung Verantwortlichen
    Leider sind sehr oft Engpässe quasi schon eingeplant. Wenn beispielsweise aufgrund von Dezentralisierung, Home Office & Co der Bedarf an Videokonferenz steigt, aber trotzdem nur ein kleiner Teil der Räume über die nötigen technischen Voraussetzungen verfügt, dann darf man sich nicht wundern, dass die „unbrauchbaren“ Räume viel zu oft leer stehen. Ein anderes Beispiel ist das Festhalten an großen Sitzungssälen für 20 und mehr Personen obwohl diese großen Sitzungen praktisch nicht mehr stattfinden, weil sie von vielen kleineren Meetings abgelöst wurden.

Aber sagen wir einmal ganz pragmatisch:
Der richtige Raum ist jener, welcher den Nutzern exakt jene Möglichkeiten bietet, die sie für genau dieses Meeting brauchen und der nichts enthält, was für die Nutzer nicht gebraucht wird.

Und wenn schon, der Raum ist ja schon da.

Nun höre ich schon Ihren Aufschrei: Was soll man denn machen, wenn die Räume nun mal schon da sind? Das ist doch egal, ob da ein paar Sessel mehr drinnen stehen oder nicht. Leider muss ich dieses Argument mit Gegenfragen kontern: Reservieren Sie auch im Flugzeug zwei Sitze, weil Sie sich erst knapp vor dem Abflug entscheiden, ob Sie lieber am Fenster und am Gang sitzen? Reservieren Sie im Restaurant auch für 6 Personen, obwohl Sie nur einen schönen Abend zu zweit verbringen wollen?

Ganz ohne Polemik: Das wahre Problem ist sehr oft, dass die „Anbieter“ überhaupt nicht wissen, wie die Räume genutzt werden! D.h. Wie viele Personen in den jeweiligen Meetings? Welche Technologien werden verwendet? Strategien und Antworten und auf genau diese Fragen werden nachfolgende Blogposts der Serie 10 Fragen des Raummanagements liefern.

Daher die traurige aber logische Wahrheit: Solange eine Organisation nicht exakt weiß, was die User eigentlich brauchen, wird jeder Versuch einer Veränderung mit hohem Risiko verbunden sein. Und dann erscheint es in der Tat manchmal besser zu sein, gar nichts zu tun. Natürlich ist das nahezu immer der falsche Weg, den auch hier gilt „Stillstand ist Rückschritt“.

Die Ferndiagnose ohne Hinschauen

In den allermeisten Organisationen kann man ohne Hinschauen, also per Ferndiagnose, Folgendes feststellen:

  1. Es gibt zu wenige Räume
    Dies ist ein sogenannter No-Brainer. Je mehr Meetings stattfinden, umso mehr Räume braucht es. Der Wegfall des klassischen „Chefbüros“ mit integriertem Besprechungstisch auf Abteilungsleiter-Ebene erhöht signifikant den Bedarf an kleinen Räumen.
  2. Die Räume sind zu groß
    Falscher RaumEs ist ein Mysterium der Architektur, warum auch in Neubauten die allermeisten Besprechungsräume Plätze für 12 und mehr Personen verfügen. Wie oft finden solche Sitzungen in großem Rahmen wirklich statt? Es ist eine gut belegbare Tatsache, dass die allermeisten Meetings heutzutage 4-6 Teilnehmer haben; nur ca. 10% der Meetings sind größer, Tendenz sinkend!
  3. Nicht alle Räume verfügen über Telekommunikations-Einrichtungen
    Es ist absolut nicht nachvollziehbar, warum trotz immer mobilerer Arbeitswelten selbst primitive Telefonkonferenz-Einrichtungen nicht in ALLEN Räumen Standard sind. Es ist eine unleugbare Tatsache, dass viele offenen Punkte durch ein einfaches Telefonat geklärt werden können. Niemand hat die Zeit, stattdessen ein Follow-Up-Meeting anzusetzen und wertvolle Zeit verstreichen zu lassen. Verblüffender Weise gibt es diesen Mangel an Kommunikationstechnik auch in den Meetingräumen jener Organisationen, die per Unified Communication (Microsoft SkypeForBusiness, Cisco Spark, etc.) eine „immer erreichbar“ Strategie haben.
  4. Es gibt unbrauchbare Räume
    In jedem größeren Haus gibt es eine Anzahl von Räumen, welche aktiv gemieden werden, also nur im äußersten Notfall gebucht werden. Also nur, wenn man sonst buchstäblich auf der Straße stehen würde! Die Gründe dafür sind meist technischer Natur. Highlight ist meist unergonomische Bildgrößen (Vergleiche auch diesen Artikel) oder völlig defekte Heizung/Klima/Lüftung. Hier würde man mit ein klein wenig Recherche entdecken, wo die Probleme liegen und dass oft nur kleine Änderungen den Raum wieder voll produktiv machen würden.

Ich widme diesen Absatz allen Lesern als kostenloses Consulting!
Selbstverständlich kann es eine professionelle Analyse nicht ersetzen aber aus meiner langjährigen Erfahrung kann ich Ihnen versichern: Die Treffsicherheit der hier angesprochenen Punkte ist extrem hoch und das Risiko damit falsch zu liegen ist absolut marginal!

Konkrete ToDo-Liste

Aus dem Kontext der angesprochenen Punkte lassen sich einige konkrete Aufgaben ableiten:

  1. Frei nach Galileo Galilei: Alles was messbar ist messen und alles was (noch) nicht messbar ist, messbar machen!
    Die Grundlage jedweder Veränderung ist natürlich die vorherige Analyse, wenn auch die oben angeführte Blinddiagnose schon eine gute Ausgangsbasis darstellt.
  2. Den Nutzern muss unmissverständlich klargemacht werden, dass die Reservierung und Nutzung von unverhältnismäßigen Räumen eine klare Ressourcenvergeudung ist und auch als solche gesehen und geahndet wird.
    Hier kann man auf oft schon vorhandene ähnliche Betriebsvereinbarungen auch anderen Bereichen zurückgreifen.
    Ein Beispiel:
    Viele große Unternehmen haben einen Pool an Firmenfahrzeugen. Eine klassische Vereinbarung lautet: 4 oder weniger Personen fahren im Golf; 5 oder mehr fahren im Minivan.
    Warum soll sowas nicht auch für die Ressource Meetingraum gelten?
  3. Die Praxis vieler Unternehmen, Meetingräume kostenlos bereitzustellen bzw. alle Meetingräume mit gleichen internen Kosten zu belegen hilft absolut nicht, das Problembewusstsein zu steigern. Hier ist das Controlling gefragt, geeignete Steuerungsinstrumente zu erarbeiten.
  4. Experimente wagen! Warum nicht einen kleinen Versuch starten und einen Huddle-Room bauen? Also einen kleinen Raum für nur wenige Personen (max. 6), welcher einfachst zu bedienende aber praxisgerechte Technik enthält; also Telefon- und Videokonferenz, perfekte Ergonomie und Unterstützung für drahtlose Präsentation von Smartphone und Tablet.
    Dazu noch einladende Möbel, eine gute Raumakustik und die Bedingung, dass er nur für max. 2 Stunden am Stück gebucht werden darf.
    Vertrauen Sie mir: Schon binnen kürzester Zeit wird dieser Raum der meistgenutzte Raum im Haus sein! Wenn dann noch im Hintergrund völlig automatisch erfasst wird, welche Technik wie häufig genutzt wird, erhalten Sie wertvolle Infos über die wahren Bedürfnisse der Nutzer.
Ausblick

Im nächsten Teil geht es genau um die beiden Fragen, was eigentlich genutzt wird und wie viele Personen jeweils teilnehmen.  Hier gibt es teilweise verblüffend einfache Methoden, aussagekräftige und absolut objektive Zahlen zu erhalten. Auf die Gefahr hin mich zu wiederholen: Ohne diese fundamentale ZDF (Zahlen, Daten, Fakten) ist es ziemlich unmöglich, den Nutzern ein optimales Arbeitsumfeld bei gleichzeitig vertretbaren Kosten zu bieten.

Wie immer hoffe ich, Ihr Interesse geweckt zu haben, diesem Blog zu folgen, Ihre Meinungen als Kommentare zu hinterlassen und natürlich auch mit mir persönlich Kontakt aufzunehmen.

Weiter geht es in der Serie 10 Fragen des Raummanagements schon bald mit dem Teil 7, der sich mit folgenden Fragen beschäftigt:

  • Wie viele Leute sitzen im Raum?
  • Was wird tatsächlich genutzt?

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