10 Fragen des Raummanagements – Teil 7 – Wie viele Personen nutzen was tatsächlich

10 Fragen des Raummanagements

Hier nun Teil 7 in der Blog-Serie 10 Fragen des Raummanagements.
Die Fragen 6 und 7 unserer ursprünglichen Frageliste lauten
Frage 6: Wie viele Leute sitzen im Raum?
Frage 7: Was wird tatsächlich genutzt?

Warum wollen wir das überhaupt wissen?

Während andere Themen innerhalb dieser Blogserie durchaus ein wenig anspruchsvoll sind, so fällt es sehr leicht, die Relevanz dieser Fragen zu verstehen.

Die Antwort auf die Frage nach der tatsächlichen Anzahl der Personen im Raum ist die allerwichtigste Kenngröße für Architekten und Raumplaner in der Designphase und für das Facility Management in der Betriebsphase. Es ist ziemlich einleuchtend, dass massives Einsparungspotential vorliegt, wenn beispielsweise ein Raum für 12 Personen praktisch immer nur mit 6 Personen besetzt ist! Hier ist kein Umkehrschluss möglich, denn es ist höchst unwahrscheinlich, dass ein Raum mit nur 4 Plätzen regelmäßig von 8 oder mehr Personen genutzt wird.

Die Frage nach der Nutzung der im Raum vorhandenen Geräte und Technologien (die WAS-Frage) ist zielt natürlich darauf ab, ob die User die angebotenen Ressourcen überhaupt nutzen. Hier fällt einem zwangsläufig der alte Spruch ein:

Das teuerste Investment ist jenes, das gar nicht nötig war!

Haus ist das, Ich verwende das Wort signifikant mit Absicht, denn viel zu leicht vergisst man die damit verbundenen Gesamtkosten, die berühmt TCO (Total Cost Of Ownership).

Wie viele Personen sind im Raum?

Eine aussagekräftige Antwort auf diese Frage zu finden ist bedauerlicherweise gar nicht einfach. Es gibt zwar eine Fülle von Möglichkeiten, doch hat jede Methode hat ihre ganz speziellen Vor- und Nachteile. Nachfolgend eine kurze Übersicht:

  1. Manuelle Personenzählung
    Hierbei werden ganz Old School Personen in den Gängen platziert, welche mit Zähllisten protokollieren, wie viele Personen bestimmte Räume betreten bzw. verlassen.
    Der Vorteil liegt auf der Hand: Es sind keinerlei technische Investitionen zu tätigen und die Genauigkeit ist vergleichsweise sehr hoch. Der Nachteil ist ebenfalls offensichtlich: Dies ist keinesfalls eine Dauerlösung, sondern eignet sich nur für Stichproben. Die Kosten für Generierung und Analyse der Daten sind einfach viel zu hoch. Dass diese Methode jedoch durchaus ihre Berechtigung hat, beweist ein sehr großer internationaler IT-Konzern, welcher zweimal pro Jahr für jeweils eine Woche genau so die Nutzung der Meetingräume protokolliert und nach Analyse ganz konkrete Handlungsempfehlungen betreffend Büroflächen sowie interne Organisationsverbesserung erhält!
  2. Automatische Personenzählung per Video
    Auch unter dem Begriff Besucherstromanalyse bekannt sind moderne Videoüberwachungssysteme mittlerweile sehr gut darin, Personen zu erkennen und deren Bewegung innerhalb eines Gebäudes zu protokollieren. Die geforderte Anonymität der Daten ist kein Problem, denn es findet keine Authentifizierung statt. Die erzielbare Datenqualität ist in den allermeisten Fällen ausreichend.
    Zwei wesentliche Nachteile sind offensichtlich:
    Nur die allerwenigsten Unternehmen haben genügend Videokameras montiert, um wirklich jeden Eingang zu den Meetingräumen aufnehmen zu können.
    Eine permanente Personenstromanalyse dürfte auch in den allermeisten Fällen an der Personalvertretung scheitern, welche (so hoffen wir!) fälschlicherweise De-Anonymisierung im Sinne einer Totalüberwachung des Arbeitnehmers vermutet.
    Wenn jedoch so ein System installiert ist, dann liefert es 7*24*365 automatisch Ergebnisse anstatt nur begrenzte Stichproben.
  3. Automatische Personenzählung per Zutritts-System (Digitale Schlösser)
    Hier gilt sinngemäß Ähnliches wir bei den Kamera-Systemen mit dem entscheidenden Unterschied, dass die Daten des Zutrittssystems erst anonymisiert werden müssen!
    Nicht zu vergessen ist jedoch die Tatsache, dass es großer Disziplin verlangt. Schließlich muss nicht nur der Organisator, sondern JEDER (!), der den Raum betritt, beim Kartenterminal „einchecken“. Die Erfahrung zeigt, dass dies eher nicht der Fall ist.
  4. Spezielle Personenzählsysteme auf Funkchip-Basis. Hier ist der Installationsaufwand deutlich geringer als bei Kamera-Systemen, die Teilnehmer müssen jedoch einen kleinen Transponder-Chip bei sich tragen. Die erzielbare Datenqualität ist ausgezeichnet und die Kosten sind sehr überschaubar. Das österreichische Startup Waytation sei an dieser Stelle genannt, welches sehr gute Analysen aus den ermittelten Daten generiert.
  5. Manuelle Datenerfassung durch den Organisator. Auch wenn es sehr primitiv klingt, so hat die gute alte Stricherlliste noch lange nicht ausgedient. Ob sie als Dauerlösung taugt, darf bezweifelt werden, doch für zeitlich begrenzte Aktionen ist es den Nutzern durchaus zuzumuten, die Anzahl der Teilnehmer eines Meetings händisch zu erfassen.

An dieser Stelle sind speziell die IT-affinen Leser wahrscheinlich schon ungeduldig bzw. fragen sich, warum ich die offensichtlichste Methode nicht erwähne, nämlich direkt im Buchungskalender (z.B. MS Exchange/Outlook) nachzuschauen. Nun, bis vor wenigen Jahren hätte ich Ihnen zugestimmt, doch leider werden die daraus gewonnen Daten zunehmend ungenauer und sind in vielen Unternehmen schon heute unbrauchbar. Dafür gibt es einen gewichtigen Grund:
Die Zahl der virtuellen Meetings nimmt stetig zu! Dies bedeutet, dass bei einem Meeting zwar 20 Teilnehmer zugesagt haben, ob diese aber persönlich im Raum anwesend sind oder per Skype & Co teilnehmen, ist aus dem Exchange-Log nicht zu ermitteln! Es ist also durchaus möglich, dass ein Meeting mit 10 Teilnehmern auch in einem kleinen Raum mit nur 4 Plätzen abgehalten werden kann oder im Extremfall überhaupt keinen physischen Raum benötigt!
Die Idee, aus den Logfiles des Buchungssystems die exakte Teilnehmeranzahl zu extrahieren, ist daher in den allermeisten Fällen leider absolut nicht hilfreich.

Auf andere Methoden wie CO2 Sensoren in der Lüftung bzw. Lichtschranken unter jedem Sitzplatz so hier nicht näher eingegangen werden. Entweder ist die Genauigkeit viel zu gering oder der Aufwand extrem hoch. Kurzum; es gab und gibt immer wieder diesbezügliche Versuche, die jedoch meist im Forschungsumfeld stattfinden und (noch) nicht in der täglich gelebten Unternehmens-Praxis bestehen können.

Was wird tatsächlich genutzt?

Im Gegensatz zur Frage nach der Anzahl der Personen im Raum ist diese Frage absolut einfach zu beantworten! Die dafür nötige Technik ist von vielen Herstellern erhältlich und die damit gewonnenen Daten sind meiner Einschätzung nach unverzichtbar. Die berühmten ZDF (Zahlen, Daten, Fakten) liefern Entscheidungsgrundlagen für treffsichere Budgets!

Ich verweise hier auch auf den vorherigen Artikel dieser Serie mit dem Titel:
10 Fragen des Raummanagements – Frage 5: Wird der richtige Raum gebucht?

Ein paar Beispiele, bei denen die Erfassung der wahren Nutzung sehr wertvollen Input lieferte:

  1. Speziell im universitären Umfeld sind Visualizer (auch Dokumentenkamera genannt) sehr beliebt und werden oft standardmäßig in Hörsäle eingebaut. Weil ein guter Visualizer aber gut und gerne ein paar Tausend Euro kostet, ist es durchaus zielführend, die echte Nutzung zu protokollieren anstatt diese in hunderten Räumen auszurollen, weil man den lauten „na selbstverständlich brauchen wir das“-Anforderungen einiger Nutzer blindlings vertraut.

    Was wird in diesem Raum wirklich verwendet?
  2. Videokonferenzräume sind in vielen Unternehmen sehr begehrt. Oft sind diese besonders gut gelegen oder extra hübsch eingerichtet (u.U. mit eigener Espressomaschine!). Werden diese im Vergleich besonders „teuren“ Räume jedoch für normale Meetings gebraucht, so kann ohne geeignetes Monitoring ganz schnell der Eindruck entstehen, dass besonders viele Videokonferenzen stattfinden und beschleunigt passende Technik angeschafft werden muss! Oder Videokonferenzen nicht zeitnah stattfinden können, weil die Räume durch Standardmeetings blockiert sind.

    Diese Räume werden also wirklich nur für Videokonferenzen verwendet?
  3. In vielen Meetingräumen verstaubt ein fix verkabelter Fix-PC, den offensichtlich niemand nutzt. Es klingt ein wenig nach „das Gegenteil von gut gemacht ist gut gemeint“. Die Idee war klar: Das Unternehmen stellt in jeden Meetingraum einen Desktop-PC. Die User brauchen kein Notebook mitzunehmen, der Zugriff aufs Firmennetzwerk ist gesichert und es bedarf keiner Kabel am Tisch. In Wahrheit verwendet den Fix-PC keiner, denn seit das WLAN im Meetingraum wirklich gut ist, hat man auch so perfekten Zugriff aufs Intranet, die Präsentation hat man auch auf dem Tablett bzw. auf dem Notebook, BYOD ist überhaupt gerade in und der Fix-PC ist sowieso eine lahme Krücke. Fragt man die IT-Verantwortlichen, so wären sie diese Kisten lieber heute als morgen los.
    Was liegt also näher, als die Nutzung der Geräte zu protokollieren und bei nur mäßiger Nutzung einen Phase-Out Prozess zu starten. In der obigen Grafik zeigt sich, dass der Fix-PC nur ein Siebentel (!) im Vergleich zu den beiden Laptopanschlüssen genutzt wird! Begründung genug?
  4. Drahtlose Präsentations-Tools wie Barco Clickshare, Crestron AirMedia und ähnliche.
    Anstatt umständlicher Kabel und Adapter können Smartphones und Tablets drahtlos präsentieren. Diese Produkte ermöglichen echtes BYOD. Oft werden im Rahmen eines Pilotprogramms einige Räume damit ausgestattet. Automatisches Monitoring liefert ganz konkrete Informationen ob die Nutzer das Angebot annehmen und somit ein Rollout für alle Räume sinnvoll ist bzw. beschleunigt werden soll.
  5. Ein Unternehmen hat viel in Interfacing zwischen Medientechnik und Gebäudetechnik investiert; sowohl Beleuchtung als auch Jalousien und Heizung/Lüftung kann vom Raum-Touchpanel aus bedient werden. Aber verwenden die User auch diesen Komfort? Bei nur ungenügender Nutzung ist vielleicht eine nochmalige Information bzw. Schulung angebracht oder man leitet daraus ab, dass die User an dieser Funktion überhaupt nicht interessiert sind und spart sich die damit verbundenen Kosten für künftige Räume!

Man könnte diese Liste noch lange weiterführen, ich hoffe aber, dass der Wert von automatischem Monitoring über das WAS und WIE die Nutzer vorhandene Geräte und Dienste nutzen, nun offensichtlich ist.

Hier noch ein kleines Beispiel zum Thema Raumauslastung. Obwohl das System wie oben besprochen nicht erkennen kann, ob im großen Raum auch wirklich viele Personen sitzen, so zeigt es doch eine starke Auslastung der Videokonferenzräume und eine nur bescheidene Nutzung der nüchtern eingerichteten Huddle-Rooms.

Raumauslastung

Fasst man nun diese Erkenntnisse zusammen und vergleicht diese mit der Tatsache, dass automatisches Medientechnik Reporting noch recht selten genutzt wird, so ist man versucht, ein wenig provokant zu fragen:

Wie gut können Verantwortliche über künftige Investitionen entscheiden, ohne konkrete Informationen über die aktuelle Nutzung des Bestands zu haben? Wo soll verstärkt investiert werden, wo kann man einsparen? Wie begründet man die getroffenen Entscheidungen gegenüber dem Top-Management?

Konkrete Anwendung

Die Medientechnik-Branche erlebt gerade eine Phase des Generationswechsels. Tausende Räume, welche in den vergangenen Boom-Jahren „irgendwie“ ausgestattet wurden, kommen nun an das Ende ihrer Lebensdauer; die Frage nach etwaigen Änderungen stellen sich und wollen professionell beantwortet werden. Daher mein Tipp:
Viele dieser installieren Altanlagen können mit wenig Aufwand dahingehend nachgerüstet werden, dass sie wertvolle statistische IST-Daten liefern. Es kann sich also durchaus lohnen, anstatt eines „Alles so wie letztes Mal, aber halt neu“ ein ganz konkretes Anforderungsprofil basierend auf der tatsächlichen Nutzung zu erarbeiten.

Oder würden Sie einen neuen Kopierer kaufen ohne darauf zu achten, wieviele Kopien sie eigentlich mit dem alten gemacht haben? Oder ein neues Lager bauen, ohne sich dafür zu interessieren, wie groß die Auslastung des bestehenden Lagers eigentlich ist?

Mit diesen Gedanken entlasse ich Sie und freue mich schon darauf, im nächsten Teil dieser Serie 10 Fragen des Raummanagements, der sich mit folgenden Fragen beschäftigen wird:

Frage 8: Was sollte mein Gebäude über die Buchung wissen?

Frage 9: Wer sollte bzw. muss noch von der Buchung wissen?

Wie immer freue ich mich auf Ihr Feedback und Ihre Kommentare.

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