Sorry, ich kann die heute durch viele Medien gegangene Ankündigung nur so interpretieren: Logitech hat keine Ahnung vom Smart Home.
Dass Logitech die für die Funktion der Harmony Link nötige Cloud-Infrastruktur mit März 2018 abdreht, ist wieder einmal ein trauriger Beweis dafür, wie wenig die klassischen Consumer-Electronic Hersteller vom Thema WOHNEN, HAUS & Co verstehen.
Neben diversen technischen Gründen war eines der Argumente ganz besonders dreist:
Man fand zuwenige Kunden und daher lohnt es sich nicht, die Plattform weiter bereitzustellen!
Naja, zumindest sind sie ehrlich, liegen aber trotzdem grundfalsch! Die Kunden haben für den Betrieb dieser Plattform NICHTS bezahlt, es konnte sich also so oder so niemals lohnen! (siehe unten)
Bauchfleck mit Anlauf
Sorry, war damit nicht von Anfang an zu rechnen? Irgendwie logisch, oder nicht?
Immer der Reihe nach:
- Da verkauft man ein Produkt (vielleicht sogar mit Negativ-Marge), nur um den Mitbewerbern Marktanteile abzuluchsen oder Plätze zu besetzen.
- Dieses Produkt benötigt eine Cloud zum Betrieb; ist also ohne Cloud defacto nicht betriebsfähig. Ein echtes IoT-Gerät!
- Der Kunde zahlt aber kein Abo, d.h. monatliche Service-Kosten zum Zugriff auf ebendiese Cloud, sondern dem Käufer wird suggeriert, dass diese ohnehin immer da sein wird.
- Die absolut berchtigte Frage, woher das Geld für den langjährigen Betrieb dieser Cloud eigentlich kommen soll, stellt niemand.
- Ganz normale wirtschaftliche Überlegungen führen dann „irgendwann“ dazu, dass der Hersteller (im wahrsten Sinne des Wortes) dem Projekt das Licht abdreht! In diesem Fall knappe 5 Monate (!) nach Verkauf des letzten Produktes.
- Und jetzt weinen wieder alle! Sorry, aber dafür habe ich kein Verständnis.
Bei Autos gibts eine gesetzliche Verpflichtung, dass ein Hersteller über einen relativ langen Zeitraum Ersatzteile auch für seine Ladenhüter bereithalten muss. In der Consumer-Elektronik denkt man hingegen, dass der Konsument das „Spielzeug“ nach Ablauf der Garantie sowieso wegwirft.
Weit gefehlt, denn alles was mit Hausautomatisierung zu tun hat, benötigt eine signifikant längere Lebensdauer als die Gewährleistungsdauer. Oder wechseln Sie alle drei Jahre Ihre Lichtdimmer und Schalter aus? Na eben!
Meine Erklärung ist simpel: Logitech hat keine Ahnung vom Smart Home!
Unterschied zwischen Consumer und Professional
Solange sich die Hobby-Bastler solche Produkte im Großflächenmarkt von der Palette ziehen und gemeinsam mit Nachbars Schwager am Wochenende in Betrieb nehmen, betrifft mich das absolut nicht.
Logitech ist aber einer der Hersteller, der vorallem in den USA massiv versucht, professionelle Integratoren als Händler zu gewinnen. (Link)
Diese werden sich in Zukunft wahrscheinlich doppelt und dreifach überlegen, solche Produkte zu verkaufen. Denn denken Sie doch einmal daran, in welche Schwierigkeiten ein Installateur gelangt, wenn eine mehrjährige Gewährleistungsfrist auf das Gesamtprojekt noch nicht abgelaufen ist, die Fernbedienungen aber nicht mehr funktionieren.
Richtig, der Installateur muss auf seine Kosten Ersatz besorgen und kostenfrei einbauen! Selbst wenn er aus jeglicher juristischer Verpflichtung draussen ist, wird die Kundenbeziehung massiv leiden.
Ich empfehle daher (nicht nur) den Profis, beim nächsten Super-Sonderangebot einmal kurz nachzudenken, wie der Einsatz dieses Produktes langfristig gesichert ist. KEINER von uns kann in die Zukunft schauen aber bei Beispielen wie der Logitech Harmony Link war das böse Ende irgendwie schon einprogrammiert!
UPDATE 10. November 2017:
Als ich zeitnah zu diesem Blogpost in einem Tweet (Link zu Twitter) die Fa. Logitech auch noch direkt angesprochen habe erhielt ich nur Stunden später eine direkte Antwort:
We want to make it right. We’re now offering a replacement Harmony Hub to all active Harmony Link users, warranty or not. For more information, please visit https://t.co/yyTrLVBl14
Logitech gibt dem immensen Druck nach und wird daher alle Harmony Link Produkte kostenlos gegen ein (ehrlicherweise deutlich leistungsfähigere HARMONY HUB austauschen.
Ist damit alles wieder gut? Meiner Meinung nach keineswegs, denn betroffene Integratoren werden den ganzen Austausch inkl. Umprogrammierung mit allergrößter Wahrscheinlichkeit unbezahlt oder maximal zum Freundschaftspreis machen müssen. Andererseits gibt es die Mini-Chance, dass dieser Austausch ein Anlass ist, gleich das eine oder andere Zusatzgeschäft abzuschließen.
Ich bleibe dabei: Die Vorgangsweise mag für das Direct-To-Consumer Geschäft irgendwie in Ordnung sein, für den professionellen Smart Home Integrator sind solche Aktionen pures Gift.