Nachdem Cisco Webex vor Kurzem einen Event zum Thema Hybrid Work veranstaltete (Bericht siehe https://www.haraldsteindl.eu/2021/06/webex-hybrid-work-event/) , muss natürlich Microsoft nachziehen und lud am 17. Juni 2021 zum Microsoft Hybrid Workplace Event. Dass MS Teams dabei eine wichtige Rolle spielen würde, war zu erwarten, aber wie sehr diese Plattform mittlerweile ins Zentrum des Produktspektrums gewandert ist, erstaunt immer mehr.
Erstaunlich war auch die Ansage, in der Zukunft WENIGER MEETINGS haben zu müssen. Das neue alte Stichwort ist ASYNCHRONE MEETINGS. Damit das funktioniert, müssen Meetings in perfektem Kontext zur Arbeit vorher bzw. nachher stehen. Und ganau das war ein Schwerpunkt des Events beim Microsoft Hybrid Workplace Event.
Aber wie immer auf diesem Blog wollen wir uns primär mit den Auswirkungen auf die Meetingräume konzentrieren. Daneben gab es natürlich noch andere Themen, dies waren aber vergleichsweise unspektakulär.
Unmittelbare Roadmap für Microsoft Teams Rooms
Das Thema MTR nahm einen erstaunlich großen Platz beim Event ein und aus der Fülle der Ankündigungen kann man erkennen, dass es Microsoft nun endgültig ernst meint mit der Zusammenarbeit im Meetingraum.
Ein MS Teams Meeting im Konferenzraum ist nicht mehr „nur Skype auf einem großen Screen“, sondern das technische Fundament für höchst effektive Teamarbeit. Folgende News waren besonders interessant:
Optimale Ausnutzung des Bildschirms
Exakt gleich wie bei Cisco Webex (dort heißt es People Framing, siehe hier: https://www.haraldsteindl.eu/2021/06/webex-hybrid-work-event/ ) sagt nun auch Microsoft der Platzverschwendung den Kampf an. Die Videobilder werden nicht mehr wie von der Kamera angeliefert übertragen, sondern durch smarte Auswahl des richtigen Bildausschnittes kommen die die Menschen zurück in den Mittelpunkt. Der zur Verfügung stehende Platz wird optimiert und da wird aus einem horizontalen 16:9 Bild samt Minikopf irgendwo im Bild plötzlich ein Bild im Hochkant-Format mit bildfüllendem Gesicht. DANKE.
Es geht aber noch viel besser. Offenbar hat man (besser spät als nie!) erkannt, dass eine Reihe von Mini-Videobildern an der Bildoberkante in einem Meetingraum einfach nicht richtig ist.
Nun sind die Videos nicht nur deutlich größer geworden, sondern auch am unteren Bildrand platziert. Das macht im Meetingraum ungleich mehr Sinn, denn damit sind die Remote-Teilnehmer endlich auf Augenhöhe zu den lokalen Teilnehmern! War das wirklich so schwer Microsoft?
Der Content wandert nun in die Bildmitte und wird von zwei Säulen am Bildrand flankiert. Dort finden sich dann Agenda, Chat, Transkription, ToDos und andere unterstützende Funktionen. Speziell auf Dual-Screen Systemen sieht das wirklich toll aus.
Dieses FRONT ROW genannte Layout kommt in den nächsten Monaten und natürlich auch als Update auf alle schon installierten MTRoW Systeme.
Endlich Video überall
Bisher gab es ein Dogma beim MTR, welche viele Anwender wirklich nervte:
Ein Screen ist für die Teilnehmer, d.h. für Video und der andere Bildschirm ist für den Content. ENDLICH steht nun die gesamte Bildschirmfläche für Videos zur Verfügung, wenn kein Content präsentiert wird.
In anderen Worten: MS Teams kann nun auch Videokonferenz! 😉
Desktop Features kommen auf die MTR Systeme
Viele der Funktionen, die ursprünglich nur auf den Desktop-Clients verfügbar waren, kommen nach und nach auf auf die Raumsysteme, vieles davon auch auf die Mobileräte.
Dazu zählen unter anderem:
- Video Pinning bzw. Spotlight zum Hervorheben von einzelnen Teilnehmern
(kommt im Herbst 2021) - Live-Reaktionen: Endlich können auch Raumsysteme Applaus und Herzchen Emojis versenden! Was würden wir nur ohne dieses Feature machen?
- Wirklich hilfreich sind jedoch die Chat-Bubbles als Overlay im Videobild. Damit muss nicht ein Teil des Screens für das Chat-Fenster freigehalten werden.
Man sieht, es ist Microsoft ernst mit der bestmöglichen Nutzung des Platzes auf dem Screen.
Powerpoint Live wird immer besser
Leider verwenden die allermeisten Teams User noch immer die Bildschirmfreigabe für ihre Powerpoint Präsentation. Das funktioniert natürlich, bietet aber nur einen Bruchteil der Möglichkeiten. „Richtigerweise“ sollte dafür die Powerpoint Live genannte Funktion verwendet werden. Dabei wird eben nicht der Bildschirminhalt des Präsentations-PC als Bild übertragen, sondern die Powerpoint im Hintergrund in die Cloud gestellt. Ab dann stehen viele Möglichkeiten der Zusammenarbeit bereit, wie sie manche von Ihnen wahrscheinlich aus Office Online kennen. MS Teams kann nun viele dieser Collaboration-Features nutzen:
- Mittels virtuellem „Laserpointer“ kann der Präsentator auf einzelne Punkte visuell hinweisen.
- Per Textmarker/Highlighter sowie Annotation-Funktionen darf auf der Folie herumgemalt werden.
Selbstverständlich verschwinden diese Anmerkungen nicht, sondern bleiben erhalten!
Ein Powerpoint in unterschiedlichen Sprachen
Das wahrscheinlich beeindruckendste Features von Powerpoint Live ist jedoch die Auto-Translation. Und, JA, es ist genau das, wonach es klingt!
Dabei kann jeder Teilnehmer im Meeting sich seine gewünschte Sprache einstellen und die M365 Cloud übersetzt im Hintergrund die Folien in die gewünschte Zielsprache! Dies ist möglich, weil die Folien eben nicht als Bild übertragen werden, sondern das ursprüngliche Powerpoint File mit allen Meta-Daten zur Verfügung steht. Absolut beeindruckend und ein echter Gamechanger für internationale Meetings! An dieser Stelle sei nochmals auf die Live-Untertitelung d.h. Speech-To-Text hingewiesen, welche auch die gesprochenen Kommentare in Untertitel in vielen anderen Sprachen übersetzen kann. (Link)
Microsoft Whiteboard – Jetzt wird es endlich
Von vielen Teams-Nutzern unbemerkt mausert sich das MS Whiteboard immer mehr zum wirklich professionellen Werkzeug zur Zusammenarbeit. Es können nun nicht mehr nur virtuelle Post-Its auf die virtuelle Leinwand gepinnt werden bzw. mehr oder weniger gelungene Freihand-Grafiken gemalt werden.
MS Whiteboard wird zum Container für alle möglichen Arten von intelligenten & dynamischen Inhalten wie Tabellen, ToDo-Listen aber auch vollwertigen Dokumenten. Mehrere Teilnehmer können gleichzeitig auf gemeinsame Inhalte zugreifen und wirklich kollaborieren.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Whiteboard-Lösungen bleiben diese sog. „FLUID COMPONENTS“ aber fix mit Ihrer Quelle verbunden und aktualisieren sich bidirektional. OK, das bedarf einer genaueren Erklärung.
FLUID Components – the next big think in collaboration
Als Fluid Components bezeichnet Microsoft kleine Applets, die auf den unterschiedlichsten Basis-Containern laufen können, dabei aber unabhängig vom Ort immer auf die gleiche Datenbasis zugreifen. In anderen Worten: Die Komponente gibt es nur einmal, sie kann aber gleichzeitig an unterschiedlichen Ort sichtbar sein. Da es immer das gleiche Applet ist, zeigt es auch immer das gleich an und (ganz wichtig) jede Änderung an einem Ort führt zu einem Update an allen anderen Orten! Dazu ein Praxis-Beispiel:
Im Chat eines MS Teams Channels erstellt jemand eine To-Do-Liste und befüllt diese teilweise. Schon vor dem Meeting können die Kollegen die Liste ergänzen. Jederzeit und auch mehrere Leute gleichzeitig.
Während eines MS Teams Calls präsentiert nun ein Nutzer diese Liste, indem er/sie diese einfach per Copy/Paste aus dem Chat fischt und auf ein Whiteboard (siehe oberer Absatz) platziert. Oder weil es Meeting-Agenda ohnehin auf dem Screen angezeigt wird.
Nun können alle Teilnehmer Änderungen und Ergänzungen machen; die To-Do-List füllt sich und Aufgaben werden einzelnen Personen zugeteilt.
Der Clue: Als Fluid Component hat die Ursprungs-Version im Teams-Channel ebenfalls alle Änderungen erhalten! Der Kontext bleibt sowohl rückwärts als auch vorwärts erhalten. Selbst wenn ein Teilnehmer die To-Do-Liste per Copy/Paste auf seine Outlook Frontpage kopiert! Outlook ist nämlich ebenso wie MS Teams ein möglicher Container für Fluid Components.
Ein SDK (Link) zur Erstellung eigener Applets macht es umso spannender. Dieses ist sogar Open Source!
Damit lassen sich sowohl einfache Formulare als auch wirklich komplexe Interaktionen mit anderen Software-Produkten realisieren.
In anderen Worten:
Mit Fluid Components steht eine unglaublich mächtige Software-Plattform zur Verfügung, welche ganz neue Generation von Collaborations-Tools möglich machen wird. Mit einem SDK unter Open Source hat Microsoft alle nötigen Vorleistungen getan.
Einschätzung Harald Steindl
Hier als Beispiel ein Screenshot eines voll interaktiven Kanban Boards, dessen Inhalt in Real-Time aus einem anderen System geholt wird und auch jede Änderung während des MS Teams Meetings wieder dorthin zurückspielt:
Ein Video sagt wie immer mehr als 100 Worte:
Was haben wir eigentlich besprochen?
Wir kennen es alle. Nach einem Meeting will oder kann sich keiner mehr erinnern, wer was gesagt bzw. zugesagt hat, niemand hat ein Protokoll geschrieben usw.
Mit der neuen Funktion Meeting Recap übernimmt der Teams Client diese Aufgabe und postet automatisch in den Channel eine Zusammenfassung. Darin ist nicht nur der Link auf den Video-Mitschnitt, sondern auch das (leicht durchsuchbare!) Transkript, d.h. die Schriftform aller Wortmeldungen, die Meeting Notes sowie natürlich auch alle während des Meetings verwendeten Powerpoints inkl. Anmerkungen und Whiteboards!
Details dazu in diesem YouTube Video: https://youtu.be/UTaH8Q3tg7A
Einmal mehr zeigt sich, dass Tools wie eben MS Teams aber auch andere wie Slack oder Webex Teams, keine reinen Videocall-Programme sind, sondern ganzheitliche Collaborations-Werkzeuge, welche VOR, WÄHREND und NACH einem Meeting verwendet werden. Knackpunkt ist der KONTEXT zwischen den einzelnen Phasen.
Auswirkungen auf Teams Rooms Systeme
Mit den auf dem Microsoft Hybrid Workplace Event vorgestellten News wird endgültig klar, dass Microsoft bei den MTRs an viel mehr als nur an Videokonfernz-Systeme denkt. Es geht vielmehr darum, die Zusammenarbeit mit den Leuten im Raum aber natürlich auch mit den Remote-Teilnehmern zu verbessern bzw. überhaupt erst zu ermöglichen.
Das Herz des Konferenzraum-Spezialisten schlägt auch ein wenig höher, wenn neue Screen Layouts für MTR wie Front Row den zur Verfügung stehenden Platz optimal nutzen. Wenn es einfach besser aussieht, weil der Content in der Mitte ist, die Remote-Teilnehmer auf Augenhöhe und die Support-Tools wie Chat und Agenda an den Rändern platziert werden. SO lässt sich arbeiten.
Dual Screen MTR Setups machen zunehmend mehr Sinn und auch Touch-Monitore sind dank Whiteboard & Annotation durchaus eine Überlegung wert.
Surface Hub Wiederbelebung
Mit nur ein ganz klein wenig Schmunzeln, nehme ich zur Kenntnis, dass es auch beim Surface Hub gravierende Änderungen geben wird. Raten Sie einmal, in welche Richtung es geht? Genau! Surface Hubs erhalten eine sogenannte „MS Teams Rooms Experience“. In anderen Worten: Alle Erkenntnisse aus den MTRs kommen nach und nach auf das Surface Hub. Ich werte dies als echten Erfolg für MTR bzw. das MTR-Team bei Microsoft.
Fazit zum Microsoft Hybrid Workplace Event
Abschließend muss eines nochmals ausdrücklich erwähnt werden: Alle vorgestellten Neuheiten können als reines Software-Update auf bestehende MTRs installiert werden! Irgendwann wird es mit Sicherheit auch eine neue MTR-Generation mit stärkerer Hardware geben. Dieser Zeitpunkt rückt nach dem Microsoft Hybrid Workplace Event aber ein ordentliches Stück in die Ferne. SO sieht Investitions-Sicherheit aus! Wer hätte jedoch gedacht, dass es ausgerechnet Microsoft so langfristig denkt?
In diesem Sinne danke fürs Lesen und ich freue mich auf Ihre Kommentare.