Hot Desking oder Desk Hoteling

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Sobald aktuell über den hybriden Arbeitsplatz gesprochen wird, fallen ein paar Fachbegriffe, die leider immer wieder synonym verwendet werden, obwohl sie doch grundlegend unterschiedlich sind.
Bedeutet also Hot Desking oder Desk Hoteling nicht das Gleiche? NEIN, ganz und gar nicht.

In diesem Blogpost soll es heute um diese beiden Begriffe und die dahinterstehenden Denkmodelle gehen. Grundlegende Infos finden Sie z.b. in meinem Artikel https://www.haraldsteindl.eu/2021/07/desk-management-systeme-fuer-hybride-arbeitswelten/ .

Hot Desking

Unter dem Begriff Hot Desking bezeichnet man jene Arbeitsplätze im Office, die die Mitarbeiter frei wählen können. Seltener vorab über ein eigenes Buchungstool, meist jedoch per First-Come, First-Serve also Ad-Hoc vor Ort. Kurzum, anstatt eines Reservierungsprozesses kommt der Nutzer ins Office und wählt einen der freien Schreibtische. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. So einfach das System, so fragwürdig ist aber das Modell. Später dazu mehr.

Desk Hoteling

Im Gegensatz zum Ad-Hoc Modell des Hot Desking wird beim Desk Hoteling viel methodischer vorgegangen. Die Nutzer sind eingeladen, sich vorab einen Platz über ein geeignetes Buchungstool zu reservieren. Zum Beispiel über eine eigene Mitarbeiter App auf dem Smartphone oder über ein Intranet-Portal. Also ähnlich wie bei einer Sitzplatz-Reservierung in Bahn oder Flugzeug oder auch bei einer Tisch- oder Zimmerbuchung in einem Hotel.

Hot Desking Schwächen

Hot-Desking ist einfach, nicht zuletzt, weil ein Buchungstool optional ist. Die Nutzer kommen ohne Sicherheit ins Büro und müssen darauf vertrauen, dass es freie Plätze geben wird. Solange das Angebot groß genug ist, werden die Nutzer im wahrsten Sinne des Wortes meist auch fündig. Man sucht und findet (hoffentlich!). Das System ist einfach, aber ungerecht und gefährlich.
Nur ein paar Beispiele:

  • Die „besten“ Plätze werden von jenen belegt, die früher kommen. Wer, aus welchen Gründen auch immer, später kommt, muss mit dem vorliebnehmen, was übrig ist.
  • Es ist nicht immer klar, welcher Tisch eigentlich belegt ist. Gilt eine abgelegte Handtasche auf einem sonst leeren Schreibtisch als belegt? Wer denkt an dieser Stelle nicht an die berühmte Handtuch-Reservierungen der Strandliege?
  • Was passiert, wenn an diesem Tag ungewöhnlich viele Mitarbeiter ins Büro kommen? Was machen die Leute, die keinen Platz mehr finden? Welchen Eindruck hinterlässt ein Arbeitgeber, wenn für die Mitarbeiter sprichwörtlich nicht einmal mehr ein Sessel frei ist? Willkommens-Kultur sieht anders aus!
    Bei Shared Desk Projekten gibt es bekanntlich prinzipbedingt weniger Plätze als Mitarbeiter.
  • Da vorab nicht klar ist, wie viele Personen kommen werden, muss man (siehe voriger Punkt!) immer möglichst viele Ressourcen bereitstellen. Anders gesagt: Es können nicht einmal ansatzweise die erwarteten Potentiale gehoben werden.

Vorteile von Desk Hoteling

Im Gegensatz dazu liefert ein gut organisiertes Office-Hoteling signifikante Vorteile. Der Preis dafür ist ein gewisser Aufwand im Vorfeld für die Planung und Ausrollen eines solchen Buchungs-Systems.

  • Der Host (= Arbeitgeber) kann das Angebot aktiv steuern. Ein Beispiel: Anstatt Wartungsarbeiten in die Abend- oder gar Nachtstunden zu verschieben, werden bestimmte Bereiche des Office für diesen Tag einfach gesperrt. So ist eben nächsten Freitag eines der 5 Stockwerken nicht buchbar und wird so freigemacht für die Service-Arbeiten.
  • Ebenso kann an schwachen Tagen z.B. eine künstliche Verdichtung erfolgen und so für mehr Interaktivität und Begegnung im Büro gesorgt werden. Indem eben nicht alle Bereiche frei zur Buchung sind. Im Umkehrschluss an starken Tagen auch Sekundär-Flächen zur Verfügung gestellt werden. So können z.B. Ad-Hoc Huddle Rooms, also Räume, die normalerweise nicht vorher reserviert werden können und als Ad-Hoc Rückzugsraum dienen, für diesen Sonderfall auch als Arbeitsplatz buchbar gemacht werden. Kurzfristige Kapazitätserweiterung denkbar einfach!
  • Dies alles ist nicht auf einzelne Personen und Einzelarbeitsplätze beschränkt. Office Hoteling eignet sich auch bestens für die Bereitstellung von Flächen für Projektgruppen oder für Externe, welche aber regelmäßig im Rahmen von Projektarbeit ins Büro kommen. Ein Expat kommt für eine Woche ins Headquarter und braucht einen Arbeitsplatz? Für eine wichtige Ausschreibung muss sich ein Projektteam eine Woche lang zurückziehen? Braucht also 5 Einzelarbeitsplätze und einen Meetingraum möglichst gleich daneben?
  • Das Buchungstool liefert wertvolle Daten. An welchen Tagen kommen wie viele Leute? Wie stark sind die mittleren Tage im Vergleich zu den Wochenrändern? Kann oder muss man sogar ein wenig gegensteuern? Damit meine ich z.B eine Änderung der Home-Office Policy, weil es eben nicht sein soll, dass „niemand“ am Montag und Freitag ins Büro kommt, aber am Mittwoch praktisch „alle“.

Es gibt ZWEI Stakeholder

GENAU an dieser Stelle treffen die wirtschaftlichen Notwendigkeiten einer effizienten Flächenbewirtschaftung auf der eine Seite und die maximale Flexibilität für die Mitarbeiter auf der anderen Seite zusammen! Wir müssen beiden Stakeholdern gerecht werden!

Desk Hoteling
Desk Hoteling (c) Appspace.com

Big Picture zum Thema Office Hoteling

Vergessen wir aber nicht auf das Office in seiner Gesamtheit! Früher wusste z.B. die Kantine sehr genau, wie viele Personen zum Mittagessen kommen werden. Die Anzahl der Mitarbeiter war bekannt (und vergleichsweise konstant!). Schon nach kurzer Zeit gab es Erfahrungswerte, wie viele Mittagessen gebraucht wurden. Aber heute? In Zeiten des hybriden Arbeitsplatzes schwanken die Besucherzahlen so stark, dass eine vernünftige Vorplanung schlicht unmöglich ist! Müssen also an starken Tagen viele Mitarbeiter hungrig bleiben oder wirft die Küche an schwachen Tagen die Hälfte der Speisen weg? Wie wäre es daher, wenn der Kantinenbetreiber zwei Tage vorher eine Information über die Buchungslage bekommen würde? Die relevanten Daten sind ja schon im Buchungs-System vorhanden!

Oder wir denken die Aufgabe ganz zu Ende: Der Mitarbeiter bucht nicht nur einen Schreibtisch samt Parkplatz, sondern meldet sich auch gleich für den Mittags-Lunch an!

Beim hohen Grad an Flexibilisierung im hybriden Arbeitsumfeld sind viele Service-Angebote ohne solche Daten wirtschaftlich überhaupt nicht mehr darstellbar! Oder wie es eine Branchenkennerin so perfekt formulierte:

Es kann nicht funktionieren, wenn alle auf maximale Unverbindlichkeit pochen! Es bedarf einer gehörigen Portion Planungssicherheit.

Hybrid Workplace Spezialistin

Und die Mitarbeiter?

Beratungsmodell HST Consulting
(c) Beratungsmodell HST Consulting

Wer übrigens glaubt, dass die Mitarbeiter bei solchen Systemen nicht gerne mitmachen, den kann ich beruhigen! Die Vorteile für die Nutzer überwiegen bei Weitem und daher werden diese Systeme auch fast immer schnell und gerne angenommen. „Fast User Adoption“ ist wohl das Buzzword dazu.
Wer freut sich nicht, wenn in einem vollen Restaurant genau ein Tisch frei ist, nämlich MEIN Tisch, den ich reserviert hatte? Ist es nicht ein beruhigendes Gefühl, wenn man eine Sitzplatz-Reservierung für den völlig überfüllten Zug hat?

Kurzum, das Versprechen einer flexiblen Arbeitswelt kann ohne solche Workplace Management Systeme schlichtweg nicht professionell eingelöst werden. Entweder würde die Kundenzufriedenheit massiv leiden ODER die angepeilten Gewinne in Sachen Effizienz und Effektivität der Arbeitsmittel wäre nicht erzielbar. Unternehmen können sich weder das eine noch das andere leisten!

Wenn ich damit Ihr Interesse wecken konnte, so freue ich mich auf ein gemeinsames Gespräch. Projekte rund um das Thema Hot Desking oder Desk Hoteling haben es sich verdient, ganzheitlich betrachtet zu werden. Dafür stehe ich mit meinem Portfolio an Dienstleistungen zu Ihrer Verfügung.